COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (oder: Lockdown Nr. 2) - Wesentliche Inhalte und Unterschiede zum Lockdown Nr. 1

Während Ende Oktober / Anfang November dieses Jahres noch von einem „Lockdown light“ die Rede war, wurden im Rahmen einer Pressekonferenz am 14.11.2020 die wesentlichsten Inhalte des bevorstehenden Lockdowns Nr. 2 verkündet. Die Rechtsgrundlage dieses zweiten Lockdowns ist (jedenfalls betreffend die Betriebs- und Ausgangsbeschränkungen) die sogenannte COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (=COVID-19-NotMV).

Wissenswertes

Ein erster Entwurf wurde am 14.11.2020 auf der Webseite des Sozialministeriums veröffentlicht, gemeinsam mit einer rechtlichen Begründung und FAQ. Vor Erlassen der Verordnung war das „Einvernehmen“ mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen; die diesbezügliche Sitzung fand am Abend des 15.11.2020 statt. Mittlerweile ist die COVID-19-NotMV auch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl II Nr. 479/2020). Der nachstehende Bericht gibt die Inhalte der COVID-19-NotMV überblicksmäßig wieder, mit einem Schwerpunkt auf Ausgangsbeschränkungen, Betriebsschließungen und Regelungen betreffend Arbeitsorte. Dabei werden auch allfällige Unterschiede dieser neuen Verordnung zum Lockdown Nr. 1 (im Frühling dieses Jahres) aufgezeigt.

 

Rechtsgrundlage der Verordnung:

Rechtsgrundlage der Verordnung sind die §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz sowie § 15 Epidemiegesetz. Diese Grundlagen der Verordnung sind insofern von Bedeutung, als die Bestimmungen betreffend Betriebsschließungen nach dem Epidemiegesetz nur bei Verordnungen nach § 3 COVID-19-Maßnahmengesetz nicht zur Anwendung gelangen (§ 12 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz in aktueller Fassung). Nachdem die gegenständliche Verordnung ausdrücklich auch auf §§ 4 und 5 COVID-19-Maßnahmengesetz gestützt wird, ist die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen (auf Basis des derzeitigen Wissensstandes) zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen.

Wie weit der von der Bundesregierung angekündigte Umsatzersatz der von der Schließung betroffenen Betriebe tatsächlich reichen wird, bleibt abzuwarten. Ebenso bleibt abzuwarten, ob eine Differenzierung hinsichtlich der Höhe des Umsatzersatzes zwischen Gastronomie/Hotellerie, Dienstleistungsbetrieben und Handel sachlich gerechtfertigt ist. Diese Rechtsfrage wird schlussendlich vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu klären sein.

 

Ausgangsregelungen (§ 1):

Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs sind nur unter den in der Verordnung bezeichneten Gründen zulässig, wobei es insgesamt 9 Gründe gibt. Diese lauten wie folgt:

1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere

a) der Kontakt mit aa) dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner, bb) einzelnen engsten Angehörigen, cc) einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich Kontakt gepflegt wird,

b) die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens,

c) die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen,

d) die Deckung eines Wohnbedürfnisses,

e) die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung, sowie

f) die Versorgung von Tieren,

4. berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist,

5. Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung,

6. zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen,

7. zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie,

8. zum Zweck des zulässigen Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten gemäß den §§ 5, 7 und 8 sowie bestimmten Orten gemäß den §§ 9, 10 und 11, und

9. zur Teilnahme an Veranstaltungen gemäß den §§ 12 und 13.

Diese Aufzählung zeigt, dass im Vergleich zum ersten Lockdown erweiterte Ausnahmen im Bereich familiärer/persönlicher Besuche bestehen. Denn es ist etwa auch der Kontakt mit dem Lebenspartner, mit engsten Angehörigen und mit sonstigen wichtigen Bezugspersonen zulässig, mit denen auch sonst mehrmals wöchentlich ein Kontakt besteht. Aus der rechtlichen Begründung des Sozialministeriums ergibt sich, dass zu den engsten Angehörigen Eltern, (volljährige) Kinder und Geschwister zählen.1 Wer unter den Begriff einer wichtigen Bezugsperson fällt, hängt nach der rechtlichen Begründung von einer Einzelfallbeurteilung ab. Es sind aber nur Treffen mit einigen wenigen Personen zulässig. Klargestellt wird außerdem, dass Familienfeiern kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens darstellen.

Aus den FAQ des Sozialministeriums ergibt sich, dass abgesehen von diesen Ausnahmebestimmungen keine Besuche zuhause empfangen werden dürfen. Auch mit der Frage, ob diese Einschränkungen zulässig sind, wird sich wohl schlussendlich wieder der VfGH befassen müssen.

Ebenfalls zulässig ist das Verlassen des eigenen Zuhauses etwa auch für Zwecke der Versorgung von Tieren (auch diese Ausnahme war im Lockdown Nr. 1 jedenfalls nicht so allgemein enthalten). Nach der rechtlichen Begründung fällt darunter etwa das Ausführen eines Hundes oder das Versorgen/Ausreiten mit einem Pferd. Ob etwa auch das Reiten auf einem Platz oder in einer Halle zulässig ist, findet sich in den bisherigen Veröffentlichungen des Sozialministeriums nicht ausdrücklich beantwortet. Nachdem der Punkt „die Versorgung von Tieren“ unter den allgemeineren Punkt „Deckung notwendiger Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“ fällt, wird man diesen Punkt jedoch dahin zu verstehen haben, dass die notwendige Bewegung eines Pferdes (je nach den individuellen Bedürfnissen) zulässig ist.

Klargestellt wurde in der rechtlichen Begründung, dass – jedenfalls nach der Rechtsansicht des Sozialministeriums – die Ausnahme des Aufenthalts im Freien zur körperlichen oder psychischen Erholung nur den Aufenthalt im Freien als finalen Zweck erlaubt, nicht aber den Aufenthalt im Freien, um etwa andere Personen zu besuchen; ein solcher Besuch wäre nur zulässig, wenn eine andere Ausnahmebestimmung greift.

Ein wesentlicher Unterschied zum Lockdown Nr. 1 besteht in der nunmehrigen Verordnung darin, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht nur zur Berufsausübung, sondern auch für die sonstigen zulässigen Zwecke iSd § 1 der Verordnung benützt werden dürfen (siehe § 3 COVID-19-NotMV). So findet sich in den FAQ des Sozialministeriums ausdrücklich beschrieben, dass man zum Spazierengehen auch „irgendwohin fahren“ kann, etwa mit Auto oder U-Bahn.

 

Kundenbereiche (§ 5):

Ein weiterer wesentlicher Bereich der COVID-19-NotMV ist die neuerliche (jedenfalls faktische) Schließung bestimmter Betriebe. In concreto ist das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von

1. Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren,

2. Dienstleistungsunternehmen zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen und

3. Freizeiteinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Freizeiteinrichtungen

untersagt.

Die Schließung der Betriebsstätten des Handels gilt jedoch nicht für zumindest zweiseitig unternehmensbezogene Rechtsgeschäfte.

Abermals verwendet die Verordnung außerdem die Formulierung, dass lediglich das Betreten/Befahren des Kundenbereichs untersagt ist. Zulässig ist daher – auch nach der rechtlichen Begründung des Sozialministeriums – das Betreten durch den Betriebsstätteninhaber sowie zu beruflichen Zwecken.

Was unter „körpernahen Dienstleistungen“ zu verstehen ist, wird in der COVID-19-NotMV nicht definiert. Es findet sich nur eine beispielhafte Aufzählung, wie etwa: Friseure, Stylisten, Kosmetiker, Piercer, Tätowierer, Masseure und Fußpfleger. (Achtung: Für Gesundheitsdienstleistungen wie medizinische Masseure und Physiotherapeuten besteht eine ausdrückliche Ausnahme, siehe dazu sogleich.)

Der Begriff der „Freizeiteinrichtungen“ umfasst nach der eigenen Definition der Verordnung „Betriebe und Einrichtungen, die der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung dienen“; daran schließt sich eine demonstrative Aufzählung an.

Die Zulässigkeit sonstiger (nicht körpernaher) Dienstleistungen wird vom Sozialministerium damit begründet, dass sonstige Dienstleistungen fast ausschließlich mit Terminvereinbarung arbeiten und daher Kundenkontakte genau steuern können. Dadurch seien dort vergleichsweise wenig Kunden gleichzeitig anwesend. Außerdem sei ein Contact Tracing unter diesen Voraussetzungen leichter machbar.

Auffallend ist außerdem, dass im Gegensatz zu den Gastronomiebetrieben bei den Betriebsstätten des Handels keine Abholung zulässig ist.

In § 5 Abs. 4 finden sich Ausnahmebestimmungen; die nachstehenden Betriebe sind daher nicht von den Schließungen betroffen:

1. öffentliche Apotheken,

2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter,

3. Drogerien und Drogeriemärkte,

4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln,

5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,

6. Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw. Chancengleichheitsgesetze erbracht werden,

7. veterinärmedizinische Dienstleistungen,

8. Verkauf von Tierfutter,

9. Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten,

10. Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel,

11. Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen,

12. Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des § 5 Abs. 4 fallen sowie Postgeschäftsstellen iSd § 3 Z 7 PMG, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter § 5 Abs. 4 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter § 5 Abs. 4 erlaubten Tätigkeiten, und Anbieter von Telekommunikation,

13. Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske und

14. KFZ- und Fahrradwerkstätten.

In der rechtlichen Begründung des Sozialministeriums findet sich der ausdrückliche Hinweis, dass die Aufzählung der von den Betriebsschließungen ausgenommenen Betriebe grundsätzlich jener nach der VO BGBl Nr. 96/2020 (erster Lockdown) entspricht. Jene Betriebe, die im Zuge der ersten Öffnung im Frühling verfrüht öffnen durften (Stichwort: Baumärkte) sind jedoch im nunmehrigen zweiten Lockdown geschlossen. Dadurch wollte der Gesundheitsminister wohl der zwischenzeitlich ergangenen Judikatur des VfGH Rechnung tragen, der vor allem die vorzeitige Öffnung der Baumärkte als gesetzwidrig angesehen hat.

Daraus ergibt sich folgende Systematik der Verordnung:

  • Betriebsstätten des Handels sind grundsätzlich geschlossen, außer es liegt eine Ausnahme iSd Verordnung vor.
  • Betriebsstätten von „körpernahen Dienstleistungen“ sind geschlossen; allerdings fehlt hier eine eindeutige Definition.
  • Sonstige Betriebsstätten von Dienstleistungsbetrieben sind zwar grundsätzlich geöffnet; auch hier gelten jedoch bestimmte Einschränkungen.

 Selbst in jenen Fällen, in denen die jeweilige Betriebsstätte nicht geschlossen ist, gelten weitreichende Einschränkungen, und zwar:

  • Einschränkung der Öffnungszeiten (Einkaufen grundsätzlich nur von 6 bis 19 Uhr);
  • Abstandhalten;
  • Tragen eines MNS;
  • 10m2 - Regel im Kundenbereich.

Alle zulässigen Dienstleistungen sind außerdem „tunlichst“ im elektronischen Wege anzubieten.

Neu ist außerdem eine ausdrückliche Regelung für Mischbetriebe, also solche Betriebe, die einerseits zulässige und andererseits unzulässige Waren anbieten. In einem solchen Fall gilt nunmehr: Mischbetriebe dürfen nur jene Waren anbieten, die unter eine ausdrückliche Ausnahme zu den Betriebsschließungen fallen und dem typischen Warensortiment dieses zulässigen Betriebes angehören (§ 5 Abs. 5 Z. 2 COVID-19-NotMV).

 

Regelungen betreffend Arbeitsorte (§ 6):

In der aktuellen COVID-19-NotMV findet sich eine eindeutige Regelung betreffend Home-Office:

Die berufliche Tätigkeit soll vorzugsweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.

Am Ort der beruflichen Tätigkeit selbst ist ein Mindestabstand von 1 m einzuhalten.

Kann der Mindestabstand nicht eingehalten werden, ist ein MNS zu tragen oder sind sonst geeignete Schutzmaßnahmen vorzunehmen, wie etwa das Bilden von festen Teams oder das Aufstellen von Trennwänden. Strengere Vereinbarungen dazu sind zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich.

Nachdem das Vorliegen einer Ausnahmebestimmung glaubhaft zu machen ist (§ 16 COVID-19-NotMV), empfiehlt sich eine Arbeitsbestätigung für jene Arbeitnehmer auszustellen, die ihre Arbeit nicht im Home-Office erbringen.

Soweit Home-Office vorgenommen wird, empfiehlt es sich außerdem, eine ausdrückliche Vereinbarung betreffend Datenschutz, Arbeitszeit und Arbeitsort abzuschließen.

 

Gastgewerbe und Beherbergungsbetriebe (§§ 7, 8):

Gaststätten und Hotels bleiben auch weiterhin (bis auf wenige Ausnahmen, z.B. Betriebskantinen, unaufschiebbare Berufsreisen) geschlossen. Das Abholen von Speisen ist nur mehr zwischen 6 und 19 Uhr zulässig. Für Lieferdienste bestehen weiterhin Ausnahmen. Unzulässig ist die Konsumation von Speisen im Umkreis von 50 m rund um die Betriebsstätte.

 

Sportstätten (§ 9):

Im Vergleich zu der bisher geltenden Regelung (§ 9 COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, in Kraft getreten am 03.11.2020) bezieht sich die nunmehrige Regelung nur auf Sportstätten und nicht auf die Ausübung von Sport an sich. Das Betreten von Sportstätten ist, abgesehen vom Spitzensport, untersagt. Für die Ausübung von sonstigem Sport (außerhalb von Sportstätten) gelten die allgemeinen Regelungen, insbesondere ist zu haushaltsfremden Personen ein Abstand von 1 m einzuhalten.

 

Besondere Regelungen finden sich auch betreffend Alten-, Pflege- und Behindertenheimen (§ 10) sowie Kranken- und Kuranstalten (§ 11). Darauf kann jedoch in diesem Bericht nicht näher eingegangen werden.

 

Veranstaltungen (§ 12):

Die Regelungstechnik betreffend Veranstaltungen ist insofern interessant, als das Verlassen des privaten Wohnbereichs für Zwecke des Besuchs von Veranstaltungen nur hinsichtlich der ausdrücklich genannten Veranstaltungen zulässig ist. Darunter fallen:

1. unaufschiebbare berufliche Zusammenkünfte, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeiten erforderlich sind und nicht in digitaler Form abgehalten werden können,

2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953,

3. Veranstaltungen zur Religionsausübung,

4. unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

5. unaufschiebbare Zusammenkünfte von statutarisch notwendigen Organen juristischer Personen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

6. unaufschiebbare Zusammenkünfte gemäß dem Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,

7. Begräbnisse mit höchstens 50 Personen,

8. Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum, die zu beruflichen Zwecken erfolgen,

9. Zusammenkünfte zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken, zur Erfüllung von erforderlichen Integrationsmaßnahmen nach dem Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, und zu beruflichen Abschlussprüfungen, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist.

Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass hinsichtlich zahlreicher Veranstaltungsarten, wie vor allem im beruflichen Bereich oder bei Organen juristischer Personen, der Zusatz enthalten ist, dass diese Veranstaltungen im „Live-Format“ nur dann zulässig sind, wenn die Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist.

 

Betreten (§ 14):

Nachdem es in juristischen Kreisen zu Diskussionen gekommen ist, was unter dem Begriff „Betreten“ zu verstehen ist, wurde nunmehr klargestellt: Als Betreten gilt auch das Verweilen.

 

Ausnahmen (§ 15):

Von der COVID-19-NotMV ausgenommen ist der Schul- und Universitätsbereich. Diesbezüglich wird eine eigene Verordnung erlassen. Ebenso ausgenommen sind die Organe der Gesetzgebung und Vollziehung, nicht jedoch die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte.

Eine bedeutsame Ausnahme findet sich außerdem hinsichtlich der Wahrung der Aufsicht über minderjährige Kinder, hier gelten die Betretungsverbote sowie sonstigen Bedingungen und Auflagen nicht.

Die weiteren auch bisher geltenden Ausnahmen werden aufrechterhalten.

 

Zeitliche Aspekte (§ 19):

Die COVID-19-NotMV tritt mit 17.11.2020 in Kraft und mit Ablauf des 06.12.2020 außer Kraft.

Die Bestimmungen zu den Ausgangsregelungen (§ 1) und die Bestimmungen zu den Veranstaltungen (§ 12) treten bereits mit Ablauf des 26.11.2020 außer Kraft. Hintergrund ist der, dass hier nach 10 Tagen das neuerliche Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen ist. Die Geltung dieser Bestimmungen kann daher erforderlichenfalls verlängert werden.

 

Sonstiges:

Interessant ist der Hinweis in § 18 COVID-19-NotMV, dass das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) von dieser Verordnung nicht berührt wird. Dies ist vor allem für das Thema Home-Office relevant, wobei sich hier die Frage stellt, inwieweit diese Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes und der Arbeitsplatzsicherheit auch auf Home-Office Arbeitsplätze anzuwenden sind.

 

 

Wichtige Aspekte aus weiteren Rechtsgrundlagen zum Lockdown Nr. 2:

 

Schulschließungen und Sonderbetreuungszeit:

Die COVID-19-NotMV ist auf Schulen und Universitäten nicht anwendbar. Diesbezüglich gelten eigene Rechtsgrundlagen (Verordnungen), wobei sich gewisse Informationen auch auf der Webseite des Bildungsministeriums finden. 2

 

Im Wesentlichen ergibt sich daraus, dass Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Polytechnische Schulen – und wie auch bisher die Oberstufen – mit Distance Learning unterrichtet werden. Allerdings bleiben die Schulen im Gegensatz zum ersten Lockdown für Betreuung und pädagogische Unterstützung offen.

Relevant ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), aus der sich Neuerungen im Zusammenhang mit der Sonderbetreuungszeit ergeben. Diese Gesetzesänderung hat den Ausschuss für Arbeit und Soziales bereits passiert und steht am 20.11.2020 auf der Tagesordnung zur Beschlussfassung durch den Nationalrat.3

 

Die nun vorliegende Änderung gilt für den Zeitraum 01.11.2020 bis 09.07.2021 und beinhaltet im Wesentlichen (unter bestimmten Voraussetzungen) einen Rechtsanspruch des Dienstnehmers auf Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von insgesamt 4 Wochen.4 Der Anspruch kann auch in Teilen (auch tage- oder halbtageweise) ausgeübt werden.

 

Bisher gewährte Zeiten einer Sonderbetreuungszeit sind nicht anzurechnen.

Voraussetzung für das Bestehen eines Anspruchs auf Sonderbetreuungszeit ist, dass Kinderbetreuungseinrichtungen aufgrund von behördlichen Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen werden und dass Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr betreut werden müssen. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber über diese Umstände zu verständigen und außerdem alles Zumutbare zu unternehmen, damit die Arbeitsleistung zustande kommt. Die Sonderbetreuungszeit gilt im Übrigen etwa auch dann, wenn ein Kind nach dem Epidemiegesetz (bescheidmäßig) abgesondert wird, sich also in Quarantäne befindet.

Wird Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen, hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz iHv 100% des fortgezahlten Entgelts, gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage. Für die nähere Abwicklungen wurden Richtlinien des BMAFJ angekündigt. Jedenfalls ist dieser Anspruch binnen 6 Wochen ab Ende der Sonderbetreuungszeit bei der Buchhaltungsagentur geltend zu machen.

 

Gerichtsverhandlungen und Fristen:

Wie bereits oben aufgezeigt, gilt die COVID-19-NotMV grundsätzlich nicht für die Organe der Gesetzgebung und der Vollziehung, mit Ausnahme der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte.

Das heißt: Es ist abzuwarten, ob und wie sich der zweite Lockdown auch auf die Gerichte und – unter Umständen – auf gerichtliche oder gesetzliche Fristen auswirkt. Derzeit liegen diesbezüglich noch keine Regelungen vor.

 

Bitte beachten Sie, dass sich die obenstehenden Ausführungen am Stand 15.11.2020, abends, befinden und nur einen ausgewählten Ausschnitt der neuen Regelungen darlegen. Es empfiehlt sich daher jedenfalls eine individuelle Rechtsberatung, um auf Ihre konkreten Rechtsfragen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls eingehen zu können.

 

Feststeht jedenfalls: Unsere Kanzlei ist weiterhin wie gewohnt für Sie erreichbar. Gerne bieten wir Termine auch mittels Telefon- oder Videokonferenz an!


1  Vgl. dazu die Rechtliche Begründung zur COVID-19-NotMV, https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Aktuelle-Ma%C3%9Fnahmen.html (zuletzt besucht am 14.11.2020).

2 Webseite Bildungsministerium, Der Schulbetrieb ab 17.11.2020, https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/beratung/corona/schule_nov.html (zuletzt besucht am 15.11.2020).

3 Vgl. dazu die Informationen auf der Webseite Parlament aktiv, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00460/index.shtml (zuletzt besucht am 15.11.2020).

4 Vgl. dazu den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, 460 BlgNR XXVII. GP S. 1.

Von: Hochleitner Rechtsanwälte
Veröffentlicht: 15.11.2020